Ein „schwarzer Februar“ für Kalkar

Vor genau 80 Jahren, am 21. Februar 1945, fand der schwerste Bombenangriff auf Kalkar während des Zweiten Weltkrieges statt. Im Vergleich zu den Nachbarstädten blieb Kalkar jedoch von großen Zerstörungen verschont.

Der Niederrhein vor 80 Jahren war Kampfgebiet. Die Operation Veritable der alliierten Streitkräfte begann am 7./8. Februar und war der Auftakt der Vertreibung deutscher Truppen vom Niederrhein. Mit der Rheinüberquerung westalliierter Truppen Ende März 1945 (Operation Plunder) endete für die Menschen zwischen Maas und Rhein der Zweite Weltkrieg.

Im Vergleich zu den umliegenden Städten überstand Kalkar den Krieg relativ unbeschadet. Zwei Daten sind jedoch auch hier von besonderer Bedeutung. Zum einen die Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1945, als die Nachbarstädte Kleve und Goch aufgrund massiver Bombenangriffe in Trümmern versanken. Auch die Landstraße Goch-Kalkar wurde in dieser Nacht bombardiert. In Altkalkar durchschlug eine Bombenreihe dabei die Mauer des Luftschutzbunkers am Pastorat. Zudem wurde der Kirchturm der St. Pankratius Kirche heruntergerissen und erschlug dabei einen Niederländer, der als Flüchtling in der angrenzenden Schule untergebracht war. Zeitzeugenberichten zufolge starben zahlreiche weitere Kalkarer bei der überstützten Flucht aus der Stadt in Richtung Appeldorn. Sie wurden an der Ley von feindlichen Bomben getroffen, während die Innenstadt kaum Treffer verzeichnete.

In den Tagen nach dieser Schreckensnacht wurden immer mehr Kalkarer zu Flüchtlingen und verließen notgedrungen ihre Heimat. Zwei Wochen später harrten nur noch etwa 60 Bewohner in der historischen Innenstadt aus. Da kam am 21. Februar 1945 der zweite „schwarze Tag“ für Kalkar, der das Erscheinungsbild der Stadt nachhaltig prägen würde. Anders als noch zwei Wochen zuvor kamen die Bomber nicht in der Nacht, sondern am Vormittag. Zahlreiche Phosphorbomben wurden über der Stadt abgeworfen und trafen unter anderem das Rathaus, das Krankenhaus, die St. Nicolai Pfarrkirche und vor allem den Straßenzug zwischen Monrestraße, Markt und Grabenstraße. Die alten Giebelhäuser an der Südseite des Marktplatzes, welche stets als „Schokoladenseite“ Kalkars bezeichnet wurden, brannten vollständig aus, ebenso die angrenzenden Gebäude bis etwa in Höhe der heutigen Spiegelstege. Augenzeugenberichten zufolge brannte es am Markt mehrere Tage lang, bis nur noch häusliche Gerippe übrigblieben. Da Kalkar größtenteils von seinen Einwohnern geräumt war, blieb es bei der baulichen Zerstörung.

Luftbild der Bombardierung Kalkars am 21. Februar 1945
Luftaufnahme der Alliierten vom 21. Februar 1945. Die ersten Bomben am Markt, am Kirchplatz und in der Monrestraße sind gefallen. Noch sind Rathaus und Südseite des Marktplatzes unbeschädigt.

Vielen Einwohnern ist heute das Bild des „halben“ Rathauses und der geräumten Südseite des Marktplatzes noch vertraut. Dieses Bild ist das Ergebnis der „Sicherungsmaßnahmen“ der Alliierten und der Räumungsarbeiten in der direkten Nachkriegszeit. Unmittelbar nach dem schweren Bombenangriff vom 21. Februar standen bei nahezu allen Häusern zumindest noch die Grundmauern, auch beim Rathaus und bei den Giebelhäusern am Markt. Viele Giebel und Wände scheinen jedoch durch die Alliierten aufgrund der Einsturzgefahr und der Freihaltung von Verkehrswegen zur Nachschubversorgung eingerissen worden zu sein. Eine Woche nach dem Bombenangriff war der Zweite Weltkrieg in Kalkar vorbei. Nachdem sich die deutschen Truppen über Nacht in Richtung Rhein zurückgezogen hatten, gingen Bäckermeister Heinrich van Gemmeren und Lehrer Josef Bauer am 27. Februar 1945 zum alliierten Gefechtsstand am Fingerhutshof und erklärten, dass Kalkar frei von deutschen Soldaten sei. So rückte die 43. Britische Division in die Stadt ein, ohne sie noch weiter durch Beschuss zu zerstören.

Am Krankenhauses und an der St. Nicolaikirche begannen die Erneuerungs- und Wiederaufbauarbeiten bereits wenige Monate nach Kriegsende. Das Kalkarer Rathaus wurde in den 1950er Jahren originalgetreu wiederaufgebaut. Nur das stark zerstörte Karree zwischen Markt, Monrestraße, Grabenstraße und Spiegelstege blieb zunächst Brachfläche und wurde erst nach und nach wieder im Stile der Nachkriegsarchitektur bebaut.

Blick auf den Kalkarer Marktplatz etwa 1947/1949
Blick auf den Kalkarer Marktplatz, ca. 1947-1949. Die linke Hälfte des Rathauses und die Südseite des Marktes sind komplett von Schutt und Trümmern befreit. Der Krankenhaus-Neubau ist fast vollendet.

Fotos: Repros Stadtarchiv Kalkar